Design Science Research Kurs Iteration Nr. 2 - Einblicke, Erkenntnisse und Erfahrungen
Im Frühjahr 2022 fand am Graduiertenkolleg der Technischen Universität Braunschweig der Doktorandenkurs zum Thema Design Science Research statt. In diesem Post berichten wir von unseren Erfahrungen zum Aufbau des Kurses, sowie den besprochenen Inhalten und Erkenntnissen.
Was mich zu dem Kurs und dieser Webseite bewegt hat
Der diesjährige Kurs ist die zweite Iteration des Formates. Bereits im vergangenen Jahr fand der Kurs am Graduiertenkolleg der Technischen Universität Braunschweig statt. Tatsächlich war der erste Durchlauf auch der Grund für den Aufbau dieser Webseite.
Aber was hat mich überhaupt dazu bewegt diesen Kurs anzubieten? Es ist zum Beispiel meine Begeisterung für die Methode des Design Science Research als solches oder mein eigenes Besuchen von Kursen im Rahmen meiner Promotion, die mir sehr geholfen haben und dem damit verbundenen Drang etwas zurückgeben zu wollen. Aber noch viel mehr ist es meine Begeisterung dafür Wissen mit anderen zu teilen - ich liebe es zu erklären und zu lehren und freue mich über den Austausch mit Lernenden!
Aus dem Besuch von verschiedenen Doktorandenkurs an der Leibniz Universität Hannover, der Georg-August-Universität Göttingen und der Technischen Universität Braunschweig, habe ich Erfahrungen als Teilnehmer zu dem Aufbau von Doktorandenkursen sammeln können. Hierbei nahm ich sowohl gut bewährte Mittel und Methoden mit, jedoch gab es auch Schwachstellen.
Die größte von mir wahrgenommene Schwachstelle war der Syllabus mit Leseauftrag und meist Vorbereitung einer Präsentation im Vorfeld zu dem Kurs, der nach entsprechender Vorbereitung dann in einer Blockveranstaltung stattfand. Erst durch die Vermittlung und Diskussion vor Ort hatte ich das Gefühl die Thematik zu verstehen und die Anwendung auf meine eigene Forschung, in der im Vorfeld angefertigten Präsentation war mit dem neu Erlernten stark verbesserungswürdig.
Somit war für mich folgendes klar:
- Die Termine müssen entzerrt werden und es muss Zeit geben, um das Erlernte sacken zu lassen.
- Auftakt bildet ein Gesamtüberblick und eine grundlegende Einführung in die relevanten Themen.
- Der klassische Syllabus im PDF Format, sollte bei mir durch eine Webseite ersetzt werden, welche die Möglichkeit bietet z.B. spezifische Themen zu vertiefen oder Zusammenhänge in kurzen Videos zu erklären
- Der Kurs beinhaltet verschiedene Lehrformate: Diskussionsrunden, Präsentationen der Doktorand:innen, Gruppenaufgaben, Leseaufträge, Einzelaufgaben und Präsentationen zu spezifischen Themen durch die Lehrenden
An dieser Stelle möchte ich auch meinen Dank an meinen Kollegen Felix aussprechen, der die Kurse gemeinsam mit mir vorbereitet und durchgeführt hat.
Ziel und Inhalte des Kurses
Ziel des Kurses ist die Vermittlung von Wissen über die theoretischen und methodischen Grundsätze des Design Science Research.
Hierzu wird der grundlegende Ursprung des Forschungsparadigmas hergeleitet und das “Design” als solches besprochen. In der gestaltungsorientierten Forschung verändern wir die Realität durch unser Gestalten - wir erschaffen zuvor nicht dagewesene Dinge. Dieses Verständnis im Vergleich zu anderen Forschungsvorgehen bildet die Grundlage.
Daraufhin wurden unter anderem folgende spezifische Themen behandelt:
- Was sind Artefakte?
- Mögliche Vorgehensmodelle zur Durchführung
- Generalisieren von Gestaltungswissen: Überführung von Erkenntnissen aus Instanziierungen (z.B. ein Softwareprototyp) in Gestaltungsprinzipien (engl. design principles) und Gestaltungstheorien (engl. design theory)
- Planung eines Design-Zyklus (engl. design cycle) und Auswahl von geeigneten Methoden und zugrunde gelegten Theorien (engl. kernel theories)
- Die theoretischen Inhalte werden mit Hilfe von Beispielen aus der Forschung und der erfolgreichen Umsetzung von Design Science Research veranschaulicht
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden dann von den Doktorand:innen auf das eigene Forschungsvorhaben angewandt und in der Gruppe gemeinsam diskutiert.
Aufbau und Ablauf des Kurses
Der Kurs setzte sich aus einem Onlinetermin und zwei Präsenztagen zusammen, sowie konkreten Aufgabenstellungen zur Einzelarbeit oder Gruppenarbeit. Der Onlinetermin, welcher vier Wochen vor der Präsenzveranstaltung stattfand, dient der ersten Wissensvermittlung und Einführung in die Thematik.
In den darauffolgenden vier Wochen hatten die Teilnehmenden Zeit das Erlernte zu vertiefen, dieses auf die eigene Forschung anzuwenden und sich mit konkreten Frage- und Aufgabenstellungen auseinander zu setzen. So wurden beispielsweise konkrete Fragestellungen zu spezifischen Themen in Gruppenarbeit beantwortet und folgende Beiträge sind auf dieser Webseite entstanden:
- Frage 1: Was ist ein Artefakt & Design Knowledge und welche Formen kann es annehmen?
- Frage 2: Welche DSR Vorgehensmodelle gibt es und was unterscheidet diese?
- Frage 3: Was ist eine Kernel Theorie?
- Frage 4: Was sind die drei Zyklen des DSR und was bedeutet „rigor“?
- Frage 5: Welche philosophischen Strömungen liegen dem Design Science Research zu grund und wie gliedern sich die Methoden der Sozialforschung in den Design Prozess ein?
Die Vorbereitung bildet die Grundlage für einen interaktiven Austausch an den abschließenden Präsenztagen: Hier wurde in verschiedenen Formaten Fragestellungen diskutiert, Forschungsvorgehen der Teilnehmenden präsentiert und besprochen, sowie Beispiele und Erfahrungen geteilt.
So gab es zum Beispiel folgende drei interaktive Sessions:
Session 1: Design Science Research im Promotionsvorhaben
Wie plane und strukturiere ich mein Promotionsvorhaben und welche strategischen Vorgehensweisen gibt es?
Session 2: Design Science Research Zyklus und Aufbau von Publikationen
Wie plane ich einen “Design Cycle” und wie baue ich ein Paper auf, in welchem ich meine Gestaltungserkenntnisse kommuniziere?
Session 3: Best Practices - Generalisierung von Gestaltungswissen
Was ist Gestaltungswissen, welche Formen kann dies annehmen und wie generalisiere ich Wissen aus instanziierten Artefakten oder wie überführe ich generalisiertes Wissen in Instanziierungen.
Aufkommende Fragen oder Herausforderungen wurden immer direkt festgehalten, entweder direkt diskutiert oder auf die abschließende FAQ Runde an Tag 2 verschoben.
Einblicke in Erkenntnisse und Ergebnisse
An dieser Stelle möchte ich vor allem die diskutierten Herausforderungen und Fragen hervorheben, da diese auch mich zum Nachdenken angeregt haben und ich viel aus der Diskussion mitgenommen habe. Zu jeder dieser Fragen lässt sich wahrscheinlich ein eigener Blogpost verfassen, deshalb nur kurze Anstöße dahinter. Wir nehmen diese aber mit als zukünftige Themen auf dieser Seite!
- Wie vereine ich mein eigenes Forschungsvorhaben mit zu leistender Projektarbeit?
- Thema der Dissertation mit Projektthema zusammen bringen
- Festen Forschungstag in der Woche etablieren und diesen blocken
- Wie verlasse ich als Forschend:er den Elfenbeinturm und nähre mich der Praxis?
- Gespräche mit der Zielgruppe, sowie die Anwendung und Demonstration ernst nehmen
- Action Design Research als Möglichkeit?
- Wie instanziiere ich Artefakte? Und welche Formen kann eine Instanziierung haben?
- Wie reduziere ich die Komplexität von Design Principles?
- Design Theorien sind hoch interessant, aber komplex zu verstehen
- Besuch von Kursen und Austausch mit anderen fördern den Fortschritt und zeigen andere Blickwinkel auf
Hier folgen außerdem ein paar Einblicke in die Gruppenarbeiten im Rahmen des Kurses:
Aussagen der Doktoranden
In einer Feedbackrunde haben wir die Gedanken zu dem Kurs festgehalten, einmal mit der “I like I wish” Methode an Tag 1 und einmal mit dem 5-Finger Feedback an Tag 2. Die Ergebnisse könnt ihr auf den folgenden Fotos sehen. Bijan und Jannes waren außerdem so nett und haben ein paar Worte zu dem Kurs verfasst, die daraufhin folgen.
Bijan Khosrawi-Rad
Forschungsthema: Intelligentes und spiel-basiertes Design digitaler Lernanwendungen
“Der DSR-Kurs von Felix & Timo war eine klasse Möglichkeit, um gemeinsam in den Austausch zur eigenen Forschung zu treten, wertvolle Impulse mitzunehmen und Feedback zum Promotionsvorhaben zu erhalten. Großartig waren dabei vor allem der Austausch in Präsenz, die gewonnene Inspiration durch Einblicke in das Forschungsvorgehen anderer Doktorand:innen, sowie die kreative Atmosphäre im Kurs. Besonders gefallen hat mir zudem die Kombination aus theoretischem Input über DSR mit dem Anwenden des neuen Wissens auf das eigene Forschungsgebiet. Die Themen des Seminars waren vielfältig. So gab es neben einem Rundumschlag über verschiedene Vorgehensmodelle und Artefakte im DSR auch wertvolle Tipps zum Publizieren sowie Schreiben der Diss.”
Jannes Menck
“Der DSR Kurs hat mir geholfen tiefer in die Methodologie einzusteigen und ihre Eignung für eigene Forschungsthemen zu evaluieren. Neben reinem Wissen zu DSR und dessen Anwendung wurde mir die Möglichkeit gegeben eigene Ideen in einem konstruktiven Umfeld vorstellen und generieren. Insbesondere der über universitäre, interdisziplinäre Austausch sorgte für sehr bereichernde Gespräche im Plenum und am Rande. Abgerundet wurde der Kurs von einem gelungenen, gemeinsamen Essen.”
Abschluss und Ausblick
Mir hat die zweite Iteration des Kurses sehr viel Freude bereitet. Ich habe aus dem ersten Durchlauf einiges gelernt und konnte das Format weiter ausbauen. Es freut mich sehr, dass wir dank der Webseite auch Anmeldungen von anderen Universitäten hatten und auch Teilnehmende aus ganz verschiedensten Disziplinen dabei hatten - so hatten wir einen über-universitären und interdisziplinären Austausch, welcher die Diskussionen bereichert hat.
Mein persönliches Highlight war das Durchführen in einer Präsenzveranstaltung, welche mir gezeigt hat wie wichtig der reale Kontakt für eine reichhaltige Interaktion ist. Diese ist Online nicht in der gleichem Komplexität zu übertragen. Gerade die Kombination rundet das Gesamtformat am Ende aber ab:
- Auftakt in Onlineveranstaltung mit Gesamtüberblick
- Einzel- und Gruppenaufgaben sowohl zu Hause als auch vor Ort
- Begleitende Webseite
- Sessions, Diskussion und Präsentation in Präsenz
Und zu guter letzt natürlich auch der informelle Austausch bei einem Bier am Abend ;)