DSR Zyklen
Was sind die drei Zyklen des DSR und was bedeutet „rigor“?
Bearbeitet durch Heidi Rinn und Xingyue Yang
Die drei Zyklen des Design Science Research Paradigmas
Die Design Science Research (DSR) ist ein akzeptiertes Forschungsparadigma der Wirtschaftsinformatik, das stetig an Bedeutung gewinnt (Gregor & Hevner, 2013). Der Ansatz ist lösungsorientiert und bringt theoretisches Wissen mit praktischer Relevanz in Verbindung. Dabei werden keine neuen Methoden erfunden, sondern es wird auf etablierten Methoden und Grundlagen der Wissenschaft aufgesetzt. Häufig genannt werden in diesem Zusammenhang die systematische Literaturanalyse, sowie die empirischen Methoden Interviews und Experimente. Die Stringenz (engl. „rigor“) der Methoden bezieht sich nicht nur auf die Erstellung des Artefaktes, sondern auch auf dessen Evaluation (Hevner et al., 2004). Ziel der Anwendung von Design Science Research ist es Innovationen zu schaffen. Das von Hevner et al. (2004) vorgeschlagene Framework zu DSR wurde in Hevner (2007) um drei Zyklen ergänzt, die Teil eines jeden DSR-Projektes sein müssen. Sie beeinflussen sich gegenseitig und können in verschiedenen Phasen zum Tragen kommen. Die Darstellung als Zyklen unterstreicht die iterative Vorgehensweise und erinnert an praxisnahe Vorgehensweisen wie beispielsweise das SCRUM-Framework oder den Lean-Startup-Ansatz.
Der Relevanz-Zyklus, mit dem ein DSR-Projekt startet, stellt sicher, dass die Umgebung der Anwendungsdomäne, sowie die Chancen und Risiken ausreichend und fortlaufend berücksichtigt werden. Im Stringenz-Zyklus wird bereits vorhandenes Wissen und Methoden (z. B. Theorien, Expertenwissen oder Metaartefakte) in den Gestaltungsprozess eingebracht. Dessen Anwendung bewirkt Innovationen mit besseren Erfolgsaussichten am Markt bzw. bei der Zielgruppe. Beide genannten Zyklen nehmen Einfluss auf den zentralen Design-Zyklus, bestehend aus Entwicklung und Evaluation. Aber auch umgekehrt nimmt der Design-Zyklus z. B. über neue Erkenntnisse aus der Evaluation Einfluss auf den Relevanz- und Stringenz-Zyklus, der wiederum neue Erkenntnisse für Forschung und Praxis liefert. Alle drei Zyklen laufen nicht sequenziell ab, sondern parallel und fortlaufend. Bei der Forschungsplanung und -umsetzung ist auf eine Balance zwischen Stringenz und Relevanz zu achten, denn eine Übergewichtung der Stringenz führt zu einer verminderten Relevanz (Hevner et al. 2004). D. h. Artefakte werden wissenschaftliche evaluiert und iterativ weiterentwickelt, bis die Evaluation ein zufriedenstellendes Ergebnis liefert. (Hevner 2007).
Wambsganss et al. 2020 ist ein Anwendungsbeispiel für DSR, das anschaulich und nachvollziehbar die konkreten Arbeitsschritte innerhalb der drei Zyklen dokumentiert, die die Gestaltung und Evaluierung eines pädagogischen Agenten zum Ziel haben. Die folgende Tabelle listet die Schritte von zwei durchgeführten Entwicklungszyklen, sowie die Zuordnung zum entsprechenden Zyklus im DSR Framework.
Schrittnr. | Arbeitsschritt | Zykluszuordnung |
---|---|---|
1 | Problemformulierung | Relevanz-Zyklus |
2 | Ableitung von Anforderungen aus der wissenschaftlichen Literatur | Stringenz-Zyklus |
3 | Ableitung von Anforderungen aus Nutzerinterviews | Relevanz-Zyklus |
4 | Ableitung von Design Prinzipien für das Artefakt | Design-Zyklus |
5 | Evaluierung des Prototyps | Design-Zyklus |
6 | Überarbeitung des Designwissens und Anpassungen des Artefakts | Design-Zyklus |
7 | Evaluierung der zweiten Version | Relevanz-Zyklus |
8 | Dokumentation des gewonnenen Designwissens | Stringenz-Zyklus |
Design Science Research als Forschungsparadigma stellt die Praxisrelevanz auf der einen und die wissenschaftliche Stringenz auf der anderen Seite sicher. Die Ausbalancierung der Relevanz auf der einen und der Stringenz auf der anderen Seite dürfte gerade für unerfahrene Forscher eine Herausforderung darstellen. Hevner (2007) ruft zu Pragmatismus auf und betont die Synergie zwischen Relevanz und Stringenz, die gute DSR ausmacht.